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Eine Begegnung mit Whitney Houston

Whitney Houston lebt. Und zwar in Hong Kong. Dort ist sie mir heute leibhaftig begegnet.Supermärkte sind gemeinhin ziemlich triste Orte, an denen wir uns mit dem Nötigsten versorgen. Man geht hinein, schnappt sich ein paar Waren und geht schnellstmöglich wieder hinaus. Das ist hier in Hongkong eigentlich auch nicht anders. Aus irgendeinem Grund hat sich jedoch die 7-Eleven-Filiale an der Nathan Road zum Treffpunkt der schwarzen Community der Stadt entwickelt. Sie unterhalten sich dort zwischen Supermarktregalen über Gott und die Welt. Manchmal erzählen sie sich auch ziemlich private Dinge. Das war mir schon öfter aufgefallen, wenn ich mir etwas zu trinken geholt habe. Und auch heute abend sind die vertrauten Gesichter wieder versammelt. Während es sonst aber immer ziemlich lebhaft zuging, bleibt es jetzt zunächst erstaunlich ruhig. Der Grund dafür war schnell  ausgemacht: Offenbar gibt es hohen Besuch, denn alle blicken in eine Richtung. Plötzlich ergreift ein Mann das Wort und stellt den Anwesenden seine Bekannte Sarah vor. Ich wende mich kurz ab, um zu bezahlen.

Doch just als ich den Laden verlassen will, bin ich wieder mitten im Geschehen. Und sprachlos. Denn Sarah beginnt zu singen. Inmitten der Coladosen, Wasserflaschen und Chipstüten schnettert sie, als wäre es nichts, den Hit ‘I Will Always Love You’  mit einem so unglaublichen Stimmvolumen, das selbst Whitney Houston zu ihren Glanzzeiten nur noch verzückt geschaut hätte. Und so ergeht es auch den anderen Zuhörern an diesem Samstag in der 7-Eleven-Filiale an der Nathan Road, die sich während ihrer Darbietung gut gefüll hat. Nachdem die letzten Töne verklungen sind, dauert es einen kleinen Moment. Dann erhebt sich brausender Applaus. Sarah nimmt ihn freundlich entgegen, weigert sich aber, weiter zu singen. Schließlich geht sie und mit ihr leert sich auch der Supermarkt wieder.

Am Ende ist es so, als ob nichts geschehen wäre. In der Ecke stehen ein paar Schwarze und unterhalten sich lebhaft. Ab und an huscht ein Kunde an ihnen vorbei, greift etwas aus dem Regal, bezahlt und geht. Ich weiß inzwischen jedoch um die Magie dieses Ortes und hoffe, heute Abend abermals ein Ständchen zu bekommen.

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