Tanzend begrüßen zwei Drachen die Teilnehmer der Wikimania am heutigen Freitag im Jockey Club Auditorium der Polytechnischen Universität in Hongkong. Geschickt hatte sie das Hong Kong Tourism Board.
Nun also beginnt der Wikiwahnsinn, der mich ja schließlich nach Hongkong geführt hat. Nach Begrüßungsworten von Daniel Lai, Government Chief Information Officer (Leiter Informationstechnologie) in Hongkong Makoto Okamoto die Bühne und berichtet uns vom Einsatz der Wiki-Software in Japan. Es ist eine traurige Geschichte, die er zu erzählen hat. Denn Okamoto bemüht sich darum, das nationale Kulturerbe Japans wieder aufzubauen, das bei dem schweren Erdbeben und dem folgenden Tsunami schwere Schäden erlitten hat. Zum Einsatz kommt dabei die Wikisoftware, mit deren Hilfe er die Seite saveMLAK betreibt. Auch wenn es nicht immer leicht ist, seinen Worten zu folgen, bleibt es ein beeindruckender Vortrag, denn erstmals erfahre ich so aus erster Hand, was die Naturkatastrophe alles zerstört hat.
Anschließend ist Wikipedia-Gründer Jimmy „Jimbo“ Wales an der Reihe. In seiner traditionellen Ansprache rekapituliert er das vergangene Jahr, in dem es mehrere Sprachversionen der Internetenzyklopädie geschafft haben, die Marke von einer Million Artikel zu durchbrechen. Für Wales ein weiterer Beleg für die Lebendigkeit der Bewegung. Er ruft uns dazu auf, verstärkt auch in den kleineren Wikipedias aktiv zu werden. Den politischen Schwerpunkt legt Jimbo anschließend auf die Debatte um die Enthüllungen Edward Snowdens (et al.) und ihren Niederschlag im Journalismus, den Wales hart kritisiert. Er sei sehr erstaunt gewesen, erklärt der Wikipedia-Pionier, dass es in vielen Artikeln gar nicht um die Enthüllungen als solche, sondern um Details aus dem Privatleben Snowdens gegangen sei, so etwa um die Liebesbeziehung(-en) des Amerikaners. Der Wikipedia-Artikel über Edward Snowden biete da wesentlich mehr Informationen. Zum Abschluss seiner Rede bleibt er einer liebgewonnenen Gewohnheit treu und hebt einen Mitstreiter aus der Masse hervor, indem er ihn zum Wikipedianer des Jahres erklärt.
Es ist Rémi Mathis, der Vorsitzende von Wikimedia Frankreich. Der Französische Geheimdienst hatte im vergangenen Jahr von ihm die Löschung des Wikipedia-Artikels über die Militärische Funkstation Pierre-sur-Haute gefordert. Hinweise Mathis‘, dass er für den Eintrag nicht verantwortlich sei, ließen die Schlapphüte nicht gelten. Also löschte Mathis den Artikel und hoffte auf die Wikipedia-Gemeinschaft. Mit Erfolg, denn schon nach wenigen Minuten hatte ein andere den Artikel wieder hergestellt und machte die Geschichte publik. Doch damit nicht genug. Unmittelbar danach begannen Autoren auf der ganzen Welt, den Eintrag zu übersetzen. Der Geheimdienst hat sich mit der Aktion einen Bärendienst erwiesen, denn was vorher nur einer ganz kleinen Zahl von Menschen bekannt war, kann nun in 30 Sprachversionen nachgelesen werden. Dazu ist der Artikel gut bequellt und mit vielen Bildern versehen. Auch das sei, so Wales, ein Beweis für die Kraft der Bewegung, um die Teilnehmer dann in die vielen Workshops, Diskussionsrunden und Vorträge zu entlassen, die ab jetzt auf dem Programm stehen. Dabei wird sich zeigen, welche Themen die Community bewegen.