Fotografen sind normalerweise ziemliche Individualisten, die gerne alleine umherziehen. Es ist daher kein Wunder, dass es bisher kein Treffen der Fotografen bei einer Wikimania gegeben hat. Insofern freue ich mich, gleich bei meiner ersten Konferenzteilnahme bei einer Premiere dabei sein zu dürfen.
Hongkong, an der Poytechnischen Universität (PolyU) um kurz vor 19 Uhr. Während die meisten Konferenzteilnehmer die Wikimania nach einem langen ersten Tag völlig übermüdet verlassen haben, treffen im Jockey Club Auditorium der Uni ein paar unentwegte aufeinander. Es sind Fotografen aus aller Herren Länder. Commonsianer nennen sie sich nach Commons, der zentralen Mediendatenbank aller Wikimedia-Projekte. Unter Anleitung eines örtlichen Führers wollen sie sich auf eine Fotosafari durch die Stadt begeben. Schon am Treffpunkt wird klar, dass alle sich auf die Premiere freuen. Auch ich bin sehr froh, viele der Menschen, mt denen ich bis dato nur über den Bildschirm kommuniziert habe, leibhaftig zu treffen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ziehen wir schließlich los, doch schon nach wenigen Metern ist erst einmal Schluss: Eine Brücke über die Princess Margaret Road unmittelbar am Eingang des Cross Harbour Tunnels von Kowloon nach Hongkong Island weckt das Interesse zahlreicher Mitstreiter.
Kurz darauf sind beide Seiten der Straßenüberquerung Dicht an Dicht mit Objektiven und Kameras versehen, hinter denen ab und an mal ein Auge hervorlugt, um die gesamte Szenerie zu erfassen. Es dauert eine ganze Weile, bis alle zufrieden sind und sich unser Tross wieder in Bewegung setzt. Doch der nächste Zwangsstopp folgt bald, denn in der U-Bahnstation streiken plötzlich einige unserer Octopus-Karten, die das Bezahlen der Tickets eigentlich vereinfachen sollen. Erst nachdem wir im Kundencenter auf Abhilfe drängen, können wir unsere bis zur nächsten U-Bahnstation fortsetzen. Inzwischen sind schon fast zwei Stunden vergangen und wir haben erst wenige Meter geschafft. Doch nun geht es zügiger weiter. Als wir die Avenue of Stars hinter uns gelassen haben, geht es mit der Fähre rüber nach Hongkong Island und von dort mit dem Bus bis auf den Victoria Peak, von den Einheimischen kurz nur Peak genannt. Ein Bekannter hatte mir schon vor Abreise geraten, unbedingt dort hochzufahren. Die Aussicht sein unbezahlbar. Und er sollte recht behalten. Unter uns breitet sich ein Panorama aus, das atemberaubend ist. Schnell bauen alle ihre Stative aus und beginnen, die Szenerie einzufangen. Immer wieder kommt es dabei jedoch zu Gesprächen über das gemeinsame Hobby, teure Objektive und geplante Fotoreisen.
Ein wirklich sehr anregender Abend, der mit einer weiteren Hongkonger Absurdität endet. Als wir zurückfahren wollen, finden wir uns am Busbahnhof am Ende einer sehr langen Schlange wieder. Vorne steht ein Bus, der irgendwie nur halb gefüllt wirkt. Doch offensichtlich will niemand aus der Schlange einsteigen. Gut, dass wir einen lokalen Führer an unserer Seite haben. Er bittet uns, an der Schlange vorbeizugehen, da die Menschen dort auf einen Sitzplatz warten. Wir tun, was er uns gesagt hat, denn die Fahrt dauert nur wenige Minuten. Mithin eine Strecke, die durchaus stehend bewältigt werden kann. Zudem dürfte die im Stehen verbrachte Wartezeit die Fahrtdauer um einiges überschreiten. Aber jeder so, wie er mag.