Erster Tag in London. Schon beim Abflug in Bremen treffe ich die ersten Wikipedianer, die wie ich auf dem Weg zur Wikimania sind. Gemeinsam besteigen wir auf dem kleinen Flughafen von Bremen die Maschine, die uns nach London bringen soll. London? Nicht ganz. Wie bei Ryanair üblich (außer in Bremen) befinden sich die Flughäfen meist weit entfernt von den Orten, an die man eigentlich möchte. So auch in London, wo die Maschine in Stansted, dem größten Flughafen für Billigflieger landet.Dort angekommen, gilt es erst einmal einen Bus zu finden, der mich in die Stadt bringt. Allein das Ticket kostet schon fast so viel, wie ich für den Flug bezahlt habe. Nun ja, der Transfer in die Stadt dauert auch fast genauso lange. Nahezu eine Stunde bin ich unterwegs, ehe ich endlich in der Liverpool Street den Bus verlassen kann. Am U-Bahnhof lasse ich mich erst einmal mit der Grundausstattung für Touristen ausstatten. Schon wenige Minuten, nachdem ich die Touri-Info betreten habe, halte ich einen Stadt- und U-Bahnplan sowie eine Oyster-Card in meinen Händen. Sie werden in den kommenden Tagen meine treuesten Begleiter sein.
Anschließend begebe ich mich in das Barbican Centre, in dem die Konferenz ab morgen stattfindet. Die Registrierung ist schnell erledigt, auch wenn die vielen komischen Buschstaben in meinem Nachnahmen das Auffinden meiner Anmeldung stark erschweren. Nachdem das nun auch erledigt ist, will ich zunächst einmal mein Gepäck loswerden, um mich anschließend in die Stadt zu stürzen. Die Zeit drängt, denn für 16 Uhr ist ein Treffen der deutschen Delegation angesetzt.
Mein Hotel befindet sich allerdings in Earls Court am Rande der Londoner Innenstadt. Und die ist riesig. Irgendwie ist sie jedesmal viel größer, als ich dachte. Ich stelle fest, dass ich offensichtlich schon zu lange im beschaulichen Bremen lebe. Dort sind die Wege kurz und vieles lässt sich auf die schnelle erledigen. Hier dagegen braucht doch alles seine Zeit. Es dauert erneut fast eine Stunde, bis ich endlich im Londonears-Hostel angekommen bin, in dem ich die erste Nacht in England verbringen werde. Es ist einigermaßen bezahlbar. Das Zimmer ist klein und spärlich eingerichtet, aber immerhin sauber. Lange hält es mich eh nicht hier. Ich mache mich nur mal etwas frisch und schon bin ich wieder auf der Straße. Schließlich will ich von meinem ambitionierten Programm noch etwas schaffen. Und dieses treibt mich zunächst zum Natural History Museum. Ein wirklich tolles Gebäude mit einer interessanten Architektur, die mehr an eine Filmkulisse als an ein echtes Bauwerk erinnert. Allerdings kann ich es mir nur von außen anschauen. Die Schlange am Eintritt ist kilometerlang.
Ich beschließe daher, auf einen Besuch zu verzichten und einen anderen Programmpunkt vorzuziehen und die Bunhill Fields aufzusuchen. Ursprünglich war es ein Begräbnisfeld für die Opfer der Pest. Und diesem Umstand verdankt der Friedhof wohl auch seinen Namen. Bunhill kommt von Bone-Hill und bedeutet Knochenhügel. Insgesamt wurden hier bis zur Aufgabe des Friedhofs mehr als 120.000 Menschen beerdigt, darunter viele Nonkonformisten oder Dissenters. Zu den bekanntesten dort Begrabenen zählen der Theologe und Schriftsteller John Bunyan (Verfasser der Pilgerreise), der Schriftsteller Daniel Defoe (Verfasser des Robinson Crusoe), der Dichter William Blake (Verfasser von Jerusalem), George Fox (Mitbegründer der Quäker) und der Komponist Isaac Watts. 1855 war der Friedhof voll belegt und wurde geschlossen. 1867 übernahm die Stadt London das Gelände und wandelte es in eine Grünfläche um. Seither ist es eine Ruheoase inmitten der hektischen Stadt.
Und die hat mich kurz darauf wieder. Nach der Stille des Friedhofsparks treibt es mich zufällig in die Whitecross-Street. Welch Glück, hier gelandet zu sein. Ich habe unglaublichen Hunger und bin im kulinarischen Himmel gelandet. Zu bezahlbaren Preisen bieten rechts und links der Straße Menschen aus allen Herren Ländern zu (für Londoner Verhältnisse) bezahlbaren Preisen internationale Leckereien an. Sogar ein deutscher Stand befindet sich darunter. Ich allerdings habe heute eher Lust auf indisches Essen.Eine gute Wahl, wie sich herausstellt.
So gestärkt lande ich schließlich wieder im Barbican Centre, wo ich diese Zeilen schreibe. Jetzt aber ist auch damit Schluss. Denn nun steht das Treffen mit der deutschen Delegation an, ehe wir dann gemeinsam zur Eröffnung der Wikimania schreiten. Doch davon später mehr.