Zum Inhalt springen

Im Dialog: Tipps zur erfolgreichen Interviewführung im Film

Interviews sind ein wichtiger Bestandteil von Filmen. Ganz gleich, ob du für Social Media oder einen Dokumentarfilm drehen möchtest: Ein gut geführtes Interview kann den Unterschied zwischen einem oberflächlichen und einem tiefgründigen Film ausmachen. Was du dabei bedenken solltest, erfährst du in diesem Beitrag.

Die Vorbereitung

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete.

Wen willst du interviewen?

Ein gut geführtes Interview erfordert viel Vorbereitung. Zunächst einmal solltest du dir überlegen, wen du interviewen möchtest, wer also die oder der Experte für dein Thema ist und dir tiefe Einblicke gewähren kann.

Gehe so nah wie möglich an die Quelle

Aus dem Journalismus kann ich dir erzählen, dass dies manchmal gar nicht so leicht ist. Oft möchte die Presseabteilung eines Unternehmens oder einer Institution das selbst in die Hand nehmen.

Das Ergebnis ist dann so etwas Ähnliches wie Flüsterpost: Bevor das Interview beginnt, spricht jemand von der Presseabteilung mit dem eigentlich von dir gewünschten Interviewgast und gibt dann weiter, was er oder sie gesagt hat. Das ist nicht nur sehr fehleranfällig, sondern raubt dem Interview auch jegliche Spontanität. Denn dein Gast aus der Presseabteilung kann auf (Fach-)Fragen, die sich während des Interviews ergeben, nur schlecht antworten. Versuche das also zu vermeiden und gehe mit deinen Fragen immer so nah wie möglich an die für dich beste Informationsquelle. Versuche also immer, direkt mit den von dir gewünschten Personen zu sprechen.

Bereite dich auf deinen Gast vor

Ist klar, wer dein Interviewgast sein soll, bereitest du dich intensiv auf sie oder ihn vor. Durchforste Zeitungen und Archive nach Berichten zur Person und ihrem Wirken, befrage deine Freunde und Kollegen, was sie von dieser Person wissen und wissen möchten, befrage das Umfeld der Person, was relevant sein könnte, schaue dir Produkte des Gastes (Bücher, Aufsätze, Texte, Kunstwerke, Bauten…) an und, ganz wichtig, schaue, was noch nicht veröffentlicht wurde. Eine der zentralen Fragen, die du dir bei der Vorbereitung stellen solltest, lautet: Was kann ich meinem Publikum neues bieten?

Wo möchtest du das Interview führen?

Der Ort, in der Sie das Interview führen, ist von großer Bedeutung. Er sollte zu deinem Thema passen. Möchtest du also einen Bäcker zu seiner Arbeit befragen, gehst du am besten mit ihm zu seinem Arbeitsplatz. Wenn du Interviews in nicht öffentlichen Bereichen einholst, brauchst du dafür in der Regel die Genehmigung des Eigentümers oder der Eigentümerin. Kläre das unbedingt ab und frage, wer das Hausrecht ausübt.

Ist klar, dass du grundsätzlich filmen darfst, solltest du erfragen, was auf gar keinen Fall zu sehen sein soll (Betriebsgeheimnisse etc.). Manchmal muss man Menschen auch vor sich selbst schützen. Ich weiß nicht, wie oft ich es erlebt habe, dass wichtige Passwörter irgendwo an einer Pinnwand standen, die im Hintergrund eines Videos zu sehen sind. Das passiert auch „Profis“. Beispiel gefällig: Im französischen Fernsehen sprach ein TV5-Monde-Journalist über den Hacker-Angriff auf den Sender, während im Hintergrund Passwörter für YouTube, Twitter und Instagram zu sehen sind.

Hast du das alles geklärt, siehst du dir den geplanten Ort für dein Interview genau an. Wie sind die Lichtbedingungen, gibt es Störgeräusche oder sonstige Dinge, die vom Interview ablenken könnten? Eine ruhige Umgebung ist wichtig, um ein qualitativ hochwertiges Interview zu produzieren. Ein gewisses Maß an Hintergrundgeräusch ist aber auch schön.

Die richtigen Fragen stellen

Wesentlicher Teil der Interviewvorbereitung ist es, die richtigen Fragen zu stellen. Mach dir also klar, was du von deinem Gast unbedingt wissen möchtest. Es ist gut, den Kopf voller Fragen haben. Halte dir aber immer etwas Spielraum frei, um bei den Antworten mitzudenken und zu reagieren, indem du zum Beispiel nachhakst.

Offene vs. geschlossene Fragen

Vermeide es, geschlossene Fragen zu stellen, bei denen dein Interviewgast nur mit „ja“ oder „nein“ antworten kann. Beispiele dafür sind: „Arbeiten Sie gerne in der Bäckerei?“ oder „Sind Sie heute mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen?“ Geschlossene Fragen (und ihre Antworten) sind im Schnitt schwer zu verwenden. Außerdem klingen sie so, als ob man seinen Interviewgästen alles aus der Nase gezogen oder, noch schlimmer, die Worte in den Mund gelegt hätte. Für dein Publikum sind diese Dialoge äußerst langweilig, da sie kaum Informationen von Wert enthalten. Beispiel gefällig:

Besser ist es, offene Fragen zu stellen. Eine gute Technik ist es, dafür W-Fragewörter wie wer, was, welcher, welche, welches, wo, warum, wie, wann, weshalb, wodurch, womit oder wozu zu nutzen. Ein kompletter Fragesatz, der mit einem dieser Fragewörter beginnt, wird W-Frage genannt. Im Journalismus haben sich sechs W-Fragen bewährt, die als Basisfragen für jedes Interview dienen können:

  • Was geschah?
  • Wer ist beteiligt?
  • Wo geschah es?
  • Wann geschah es?
  • Wie geschah es?
  • Warum geschah es?

Um die geschlossenen Fragen oben aufzugreifen, könntest du statt „Arbeiten Sie gerne in der Bäckerei?“ besser fragen: „Warum sind Sie Bäcker geworden?“ oder anstelle von „Sind Sie heute mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen?“ lieber „Warum sind Sie heute mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen?“

Technische Grundausstattung: Diese Geräte brauchst du für ein Interview

Als Smartphone-Filmerin oder -Filmer hast du es in diesem Punkt leicht: Alles, was du benötigst, passt üblicherweise in eine kleine Handtasche. In diese würde ich einen Stift und einen Block, deine Notizen zu deinem Interviewgast und den wichtigsten Fragen, die du ihm oder ihr stellen möchtest sowie neben dem Smartphone noch ein externes Mikrofon (brauchbare gibt es ab etwa 15 bis 20 Euro zu kaufen) und ein Stativ. Letzteres kannst du dir zur Not auch selber bauen.

Weniger ist mehr

Die Ausrüstung für dein Interview passt in eine kleine Tasche: Neben Stift und Block solltest du noch Mikrofon (nebst evtl. nötigem Adapter), Stativ und natürlich ein geladenes Smartphone mit ausreichend freiem Speicherplatz dabeihaben.

Generell versuche ich, meine Ausrüstung möglichst kleinzuhalten. Das rate ich auch dir. Denn jedes Gerät, das du zusätzlich mitschleppst, ist eines, mit dem du dich auseinandersetzen musst, bei dem du also vor dem Termin wissen solltest, wie es funktioniert, ob es Batterien hat (die dann natürlich auch geladen sein müssen)… Auch dein Gast wird es schätzen, wenn du nicht einen ganzen Technikzoo um ihn oder sie herumbaust. Stativ und Mikro sind meist völlig ausreichend. Das Stativ baust du auf Augenhöhe deines Gastes auf und sorgst dafür, dass er oder sie durch das Bild blickt und dich ansieht.

Wichtig: Der Vorabtestest deiner Technik

Ganz wichtig: Überprüfe deine Technik immer, bevor du zu einem Termin aufbrichst. Schaue nach, ob du alles, was du brauchst, dabei hast, ob alle Akkus geladen sind und ob du genügend freien Speicher hast. Vor Ort baust du dann deine Technik auf. Um schnell aufbrechen zu können, empfehle ich, eine Reportertasche mit den wichtigsten Geräten zu packen (siehe den Punkt Technische Grundausstattung: Diese Geräte brauchst du für ein Interview)

Vor dem eigentlichen Interview

Sorge dafür, dass dein Gast sich wohlfühlt

Vor Ort solltest du dafür sorgen, dass sich dein Interviewpartner wohlfühlt. Sei also unbedingt pünktlich vor Ort. Ein wenig Smalltalk baut die Anspannung vor dem Interview sowohl bei dir als auch deinem Gast ab. Auch daher solltest du bereits einige Minuten vor dem eigentlichen Termin vor Ort sein. Dabei könnt ihr nochmals grob über den Rahmen des Interviews sprechen. Vermeide es aber, vor dem Interview genaue Fragestellungen zu besprechen.

Baue deine Technik auf

Richte dein Motiv nach der Drittelregel auf und lasse deine Hauptperson durch das Kamerabild auf dich schauen. Das bekommst du ganz leicht hin: Ist die Person rechts im Bild, stellst du dich links neben die Kamera, ist sie links im Bild, stehst du rechts neben der Kamera. Bild von Fernando Aguirre Guzmán auf Pixabay

Das Stativ baust du so auf, dass dein Gast auf Augenhöhe aufgenommen wird. Am schönsten werden Aufnahmen, die Du nach der Drittelregel aufbaust. Nutze dazu das eingeblendete Raster deiner Kameraapp auf deinem iPhone oder Android-Gerät und stelle die Kamera so auf, dass einer der oberen Kreuzungspunkte zwischen den Augen und oberhalb der Nase liegt. Oben und vor allem unten solltest du etwas Luft lassen, um hier später noch eine Bauchbinde oder ein Insert einsetzen zu können.

Mit dem Mikro gehst du so nah wie möglich an deinen Interviewgast heran. Als Richtwert würde ich es etwa 15 cm unter dem Kinn deines Gastes anbringen. So ist er oder sie auch bei Hintergrundgeräuschen deutlich zu hören.

Wenn du ein externes Mikrofon mit einem sehr langen Kabel hast, bitte deinen Gast, dieses unter dem Pullover oder der Jacke durchzuführen, sodass das Kabel quasi unsichtbar wird. Platziere deinen Gast dann dort, wo du ihn oder sie gerne hättest, baue dein Stativ auf und richte dein Telefon üblicherweise so aus, dass dein Gast durch das Bild auf dich schaut.

Redaktionssitzung für die NDR Doku "Superspreader – Wie sie die Corona-Pandemie beschleunigen"
Dreharbeiten unter erschwerten Bedingungen: Während der Corona-Pandemie haben wir Interviews per Videokonferenzsoftware mit dem Computer aufgenommen.

Das ist nicht immer möglich: Als während der Coronapandemie keine Dreharbeiten vor Ort möglich waren, mussten wir Interviews per Videokonferenz aufnehmen. Dabei blickten die interviewten Personen selbstverständlich in die Kamera. Und auch in vielen Social-Media-Videoprojektionen schauen die Interviewten in die Kamera.

Ein letzter Technikcheck mit Zusatznutzen

Vor dem eigentlichen Dreh solltest du jetzt noch die Linse reinigen sowie den Flugmodus aktivieren und alle Benachrichtigungen abschalten, damit es während des Interviews keine Störungen gibt. An dieser Stelle mache ich gerne einen letzten Technik-Check: Ich sperre Fokus und Belichtung (dazu tippe ich in der Kameraapp auf meinem Smartphonedisplay lange auf das Gesicht meines Gastes), starte eine Aufnahme und bitte meinen Gast, seinen oder Ihren Namen einmal in die Kamera zu sagen und ihn anschließend zu buchstabieren.

Damit habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Tonprobe sagt mir (hoffentlich), dass die Technik funktioniert und dass mein Gast vor den Hintergrundgeräuschen gut zu verstehen ist. Außerdem habe ich so die richtige Schreibweise des Namens erfahren, so dass ich diesen später in der Bauchbinde oder Insert richtig wiedergeben kann.

Das eigentliche Interview

Während des Interviews bleibst du mit deinem Gast stets im Augenkontakt. Signalisiere ihm oder ihr durch einfaches Nicken, dass du verstanden hast, worüber er oder sie spricht. Vermeide laute Reaktionen wie ja, ahh oder ohh.

Nun arbeitest du die von dir vorbereiteten Fragen ab und sorgst dafür, dass du alle Informationen, die du für deinen Film benötigst, auch bekommst. Bewahre dir dabei aber immer ein gewisses Maß an Flexibilität und Spontanität, um auf deinen Gast reagieren zu können

Und wenn dein Gast einsilbig mit „ja“ oder „nein“ oder unverständlich antwortet, ist es an dir, nachzuhaken: „Könnten Sie das nochmal genauer erklären?“, „Wie sind sie darauf gekommen, dass…“, „Was hat Sie dazu gebracht, ihr Auto stehenzulassen und stattdessen mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren.“

Bei längeren Interviews hat es sich bewährt, das Gespräch nicht in einem Stück, sondern in kleinen Häppchen aufzuzeichnen. Nimm, wenn möglich, jede Frage als eigenes Video auf. Dabei kannst du auch die Einstellungsgrößen und/oder Kameraperspektiven variieren.

Es gibt einen weiteren Grund, der dafür spricht, mehrere kurze Videos zu drehen: Bei längeren Videos kann es vorkommen, dass Bild und Ton irgendwann asynchron werden. Lippenbewegung und die gehörten Worte passen dann nicht mehr zusammen. Das ist höchst irritierend für dein Publikum.

Nach dem Interview

Ist das Interview im Kasten, solltest du nicht sofort die Zelte abbrechen. Gehe in deinem Kopf nochmals alle Fragen durch und überlege, ob die alle beantwortet wurden. Höre dir einzelne Aufnahmen an und schaue, ob der Ton gut ist. Entlasse deinen Gast mit einem guten Gefühl und signalisiere, dass er oder sie alles gut gemacht hat. Ganz wichtig: Vergewissere dich, bevor du gehst, dass du deine auch alle Geräte wieder mitnimmst.

Teile diesen Beitrag
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Consent Management Platform von Real Cookie Banner