Filmemacher haben es nicht leicht: Nichts ist langweiliger als ein gleichbleibendes Bild. Und gerade Social-Media-Videos sind sehr schnell geschnitten und zeichnen sich durch schnelle Bildwechsel aus. Da gilt es, schon bei der Aufnahme darauf zu achten, genügend Schnittmaterial aufzuzeichnen. Eine Methode, mit der das auch Laien gut gelingt, ist die 5-Shot-Methode. Eine Abwandlung davon ist die 3-Shot-Methode. Beide stelle ich in diesem Beitrag vor.
Ganz wichtig: Solltest du die Aufnahmen als Ergänzung zu einem Interview benötigen, dann drehe das Interview als allererstes. Filme deinen Gesprächspartner möglichst in verschiedenen Einstellungsgrößen und/oder aus verschiedenen Perspektiven, um auch hier schon gutes Material für den Schnitt zu bekommen.
Ist das erstmal im Kasten, sind deine Interviewgäste meist viel entspannter und machen nahezu jeden Quatsch, den du dir ausdenkst, mit. Erkläre ihnen aber, wofür du die Aufnahmen brauchst.
Wozu du die 3- oder 5-Shot-Technik einsetzen kannst
Wenn Menschen etwas tun, neigen Laien oft dazu, dies mit einem aus einer (meist mit gebührendem Abstand gefilmten) Video einfangen zu wollen. Beim Film haben wir jedoch die Möglichkeit, genauer hinzuschauen. Und das sollten wir auch nutzen.
Um ausreichend Videomaterial für den Schnitt zu bekommen, solltest du Abläufe in einzelne Einstellungen auflösen und aus verschiedenen Perspektiven drehen. Hast du „nur“ ein Gerät (dein Smartphone) dabei, ist es dafür oft nötig, Handlungen und Tätigkeiten zu wiederholen.
Wo liegen die Unterschiede zwischen der 3 und der 5-Shot-Methode?
Wie der Name schon sagt, filmst du Abläufe bei der 3-Shot-Methode aus drei und bei der Five-Shot-Methode aus fünf verschiedenen Kameraperspektiven. So erhältst du eine Reihe von Aufnahmen, die jeweils einen anderen Blick auf die Szene zeigen.
Beide Techniken kannst du nutzen, um Menschen dabei zu zeigen, wie sie etwas tun. Dabei ist es völlig egal, ob die Hauptpersonen an etwas Großem arbeiten oder ganz banale Dinge tun. Gerade Alltagssituationen lassen sich mit beiden Techniken spannend filmen.
Die 3 und die 5-Shot-Technik helfen deinen Zuschauerinnen und Zuschauern, dein Video besser zu verstehen und den Blick auf wesentliche Punkte zu lenken. Außerdem sorgen sie für Abwechslung.
Beispiele gefällig
In diesem Video folgt Philip Bloom zeigt seine Hauptperson Julian Wakefield, wie er sein Standup-Paddleboard für eine Ausfahrt vorbereitet, dann damit zur Themse geht und den Fluss hinunter paddelt. Philip hat ein sehr entspannendes Video aufgenommen, in dem nur der bei der Aufnhame aufgezeichnete Originalton zu hören ist. Auf Musik oder Kommentare aus dem Off verzichtet er ganz bewusst.
Ein Beispiel aus dem „klassischen“ Journalismus ist The King Of Coffee von Philip Bromwell, gedreht für RTÉ News, ist der nationale Nachrichtendienst des irischen öffentlich-rechtlichen Senders Raidió Teilifís Éireann.
Basis des Films ist ein Interview, das Philip als erstes aufgezeichnet hat (siehe Tipp oben). Anschließend bat er seine Hauptperson, einen Meister der Latte Art, ihm noch zu zeigen, wie er graphische Motiven wie Blätter, Blume, Herzen, und abstrakte geometrischen Motive in den Milchschaum seines Kaffees zaubert. Philip folgte ihm dabei mit der Kamera.
Das Interviewvideos und die Clips des arbeitenden Latte Art Meisters hat er anschließend zu einem sehenswerten Film zusammengeschnitten, den ich in meinen Workshops immer noch gerne zeige. Zum einen, weil er schön erzählt ist, zum anderen, weil er deutlich macht, was 2014 schon mit Smartphones möglich war. Schau es dir mal an:
Natürlich lässt sich das auch bei Social-Media-Videos im Hoch- oder quadratischen Format anwenden, wie dieses Beispiel von Geertje Algera zeigt:.
Was ist die 5-Shot-Methode?
Im Gegensatz zu Fotos hast du in Videos Videos die Möglichkeit, um menschliches Schaffen in Bewegung zu zeigen. Wir können unseren Hauptpersonen so dabei zusehen, wie sie etwas Großes (oder kleines) erbauen oder zerstören, wie sie ihren Alltag bewältigen oder woran sie scheitern und dies unserem Publikum zeigen, als wäre es dabei gewesen.
Die Five-Shot-Methode ist eine einfache, aber effektive Technik, um eine Szene zu drehen, in der Menschen etwas tun. Shot steht hier für Einstellung. Im Wesentlichen besteht sie darin, eine Szene aus fünf unterschiedlichen Perspektiven zu filmen. Entwickelt wurde die Technik von Michael Rosenblum, der bei der Ausbildung von Videojournalisten dafür sorgen wollte, dass diese beim Dreh abwechslungsreiches Videomaterial produzieren.
In diesen Aufnahmen werden vier journalistische W-Fragen, nämlich “Was”, “Wer”, “Wann” und “Wo” schon rein visuell beantwortet. Lediglich das “Warum” muss dann noch die handelnde Person erklären.
Five Shots bedeutet: Fünf Einstellungen
Schauen wir uns die fünf verschiedenen Perspektiven einmal diese sind:
Eine Nahaufnahme der Hände (oder des Körperteils, das die Aktivität durchführt)
Diese Einstellung beantwortet uns eine der wichtigsten journalistischen W-Fragen: WAS (passiert)?
Wenn es um das Thema Fußball oder Fahrradfahren geht, kann auch eine Nahaufnahme der Füße, die zeigt, wie sie gegen einen Ball oder in die Pedale treten, sinnvoll sein. In der Regel arbeiten wir mit unseren Händen, also zeigen wir eine Nahaufnahme von ihnen. Zum Beispiel beim Tippen eines Textes in den Computer.
In diesem Sonderfall, wo der Ort der Eingabe, die Tastatur und das Ergebnis, also die Ausgabe auf dem Bildschirm, räumlich voneinander getrennt sind, solltest du ergänzend noch eine kurze Bildschirmaufnahme machen, die dem Zuschauer zeigt, was deine Hauptperson schreibt.
Eine Nahaufnahme des Gesichtes
Nachdem wir nun wissen, was passiert, wollen wir natürlich auch wissen, WER da etwas macht.
Diese Frage beantworten wir mit einer Nahaufnahe des Gesichtes, die wir aufzeichnen, während unsere Hauptperson die schon bei der Nahaufnahme gefilmte Handlung durchführt. Neben der Hauptinformation, wer da etwas macht, sehen wir auch, in welcher Stimmung unsere Hauptperson diese Tätigkeit ausführt, ohne dass wir dazu etwas sagen müssten.
Eine Weitwinkelaufnahme
Die Frage nach dem WAS und WER ist geklärt. Wichtig ist jetzt noch zu wissen, WO etwas passiert. Das zeigen wir am besten mit einer Weitwinkelaufnahme. Nimm dazu eine Totale oder Halbtotale auf. So sehen wir die Umgebung, in der sich die Person befindet.
Eine Over the Shoulder-Aufnahme
Nach der Pflicht folgt die Kür: Sind die oben genannten drei Aufnahmen im Kasten, kannst du noch einen Over the Shoulder Shot aufnehmen. Wir dürfen der Person bei ihrer Tätigkeit über die Schulter schauen. Das erzeugt beim Betrachten Identifikation und Nähe, weil das in der Regel nur nahestehenden Personen erlaubt ist. Außerdem zeigt diese Einstellung, WIE die vorherigen Einstellungen zusammenhängen.
Ein Wow-Shot
Wenn du dann noch Zeit und Lust hast, kannst du dich an einem Wow-Shot versuchen. Dabei darfst du dich kreativ austoben. Versuche, aus ungewöhnlichen Perspektiven (aus der Vogel- oder Froschperspektive, geh ganz nah ran, filme durch ein Glas, eine Scheibe, drehe aus der subjektiven Sicht deiner Hauptperson oder eines Gegenstandes, mit dem sie arbeitet…) zu drehen oder schaue dich um, ob sich dein Hauptmotiv irgendwo spiegelt. Reflexionen sind immer ein Hingucker.
Was ist die 3-Shot-Methode?
Im Gegensatz zur bekannten Five-Shot-Methode von Michael Rosenblum, konzentriert sich die Drei-Shot-Methode auf die Aufnahme von nur drei Kameraperspektiven. Von den oben vorgestellten fünf Aufnahmen brauchst du also nur die Nahaufnahme des Gesichtes, der Hände und eine Weitwinkelaufnahme, die das ganze Geschehen zeigt. Auch dafür gibt es natürlich ein Beispiel:
Weitere Tipps für die Aufnahmen nach der 3 oder 5-Shot-Technik
Beide Techniken haben ihren Reiz. Wenn es schnell gehen muss, ist die 3-Shot-Technik oft ausreichend. Bei der 5-Shot-Technik bekommst du noch weitere sehr schöne Aufnahmen (ich mag Over-the-shoulder-Aufnahmen sehr).
In welcher Reihenfolge solltest du filmen?
Die Reihenfolge, in der du die einzelnen Clips aufnimmst, ist egal. Wichtig ist jedoch, dass du auch das Ergebnis aufnimmst. Filmst du also jemanden, der oder die ein Papierflugzeug bastelt, sollte am Ende der fertige Flieger zu sehen sein. Filmst du jemanden, der einen Brot zubereitet, möchte ich am Ende das fertige Produkt sehen.
Vermeide Achsensprünge
Achte darauf, dass du mit der Kamera immer auf einer Seite bleibst, wenn du Menschen nach der Drei- oder Five-Shot-Methode filmst.
Denke dir dazu eine Linie, die quer durch den Kopf der Hauptperson geht. Bleibe bei allen Aufnehmen entweder rechts oder links dieser Linie. Überschreitest du sie, entstehen für den Zuschauer irritierende Achsensprünge. Mehr dazu erfährst du in diesem Video:
Wie lang sollten die einzelnen Aufnahmen sein?
Für welche Technik du dich auch immer entscheidest: Nimm von jeder Perspektive ein separates Video mit mindestens 10 Sekunden Länge auf. Im Schnitt benötigst du vermutlich meist nicht mehr als 3-4 Sekunden aus jedem Clip. Bei einem 10-sekündigen Video hast du dann die Möglichkeit, die schönste Stelle herauszuschneiden.
Was solltest du tun, wenn die Handlung viel zu schnell beendet wird?
Oft wirst du vor dem Problem stehen, dass die Menschen viel zu schnell sind und ihre Tätigkeit viel schneller beenden als du dir das für deine Aufnahmen wünschst. Bitte deine Hauptperson darum, das ganze nochmals zu machen, wenn der Vorgang wiederholbar ist.
Ist das nicht der Fall, musst du schnell sein: Wenn du merkst, dass deine Hauptperson kurz davor ist, ihre Handlung zu beenden, versuche noch schnell eine Nahaufnahme der Hände zu schießen, die zeigt, wie sie die Tätigkeit abschließen.
Zusammengefasst
Beide Techniken, die 3- und die 5-Shot-Technik sind hervorragende Hilfsmittel, um Menschen in Aktion zu zeigen. Eine starre Regel oder gar ein Gesetz sind sie jedoch nicht. Sie sind eine von vielen Techniken, die dir als Filmemacher beim Gestalten deiner Bilder und dem Erzählen deiner Geschichte helfen können. Am Ende des Tages bleibt es dein Film und die Wahl der Einstellungen hängt von der Geschichte, den Charakteren und deinen Zielen ab.