In der Wissenskommunikation gehören Videos zu den wichtigsten Werkzeugen. In zumeist ein- bis dreiminütigen Filmen erläutern die Autoren abstrakte Konzepte und Zusammenhänge bzw. zeigen wie man etwas macht oder wie etwas funktioniert. Ganz egal, ob es dabei um die Erkundung eines fernen Planeten oder die Entnahme von Proben in einer Wüste geht, es ist immer fesselnd, den Wissenschaftlern über die Schulter zu blicken, um zu verstehen, was diese gerade Untersuchen. Dabei erschöpfen die kurzen Filme die Themen nicht, sondern zeigen die relevanten Punkte mittels eines guten Storytellings effizient auf. Denn auch in der Wissenskommunikation geht es darum, packende Geschichten zu erzählen.
Beitragsbild: Braunschweigisches Landesmuseum/Ingeborg Simon, Wikipedia im BLM46, CC BY-SA 3.0
Eine alte Binsenweisheit unter Fotografen lautet: Die beste Kamera ist immer die, die man gerade dabei hat. In der Regel ist dies das Smartphone. Wenn ich in meinen Kursen und Seminaren erzähle, wie sich mit iPhone und Co. professionell und kostengünstig journalistische Beiträge erstellen lassen, stoße ich immer wieder auf Unglauben. Und das ist auch gut so. Denn kaum jemand nimmt das Smartphone ernst. Und gerade das ist einer der ganz großen Vorteile der Geräte. Sie sind unaufwändig und unauffällig. Zudem haben sich viele Menschen in Zeiten des Selfie-Booms und der massenhaften Veröffentlichung von digitalen Bildern daran gewöhnt, in ein Telefon zu lächeln und zu sprechen. Im Gegensatz zu den großen herkömmlichen Schulterkameras des herkömmlichen Fernsehens irritieren Smartphones heute niemanden mehr. Vor allem ungeschulte Interviewpartner erzählen so persönlicher.
Ein weiterer Vorteil: Die zum Filmen nötige Ausrüstung passt in eine kleine Fototasche. Und durch die geringe Größe der Geräte sind mit dem Smartphone Perspektiven möglich, die mit „normalen“ Kameras undenkbar wären. Deshalb hat sich ihr Einsatz im professionellen Bereich längst durchgesetzt. Fernsehsender wie Al Jazeera, die altehrwürdige BBC, aber auch ARD und ZDF drehen längst mit Smartphones. Der Schweizer Nachrichtenkanal Léman Bleu produziert fernsehtaugliches Bildmaterial ausschließlich auf iPhones – und das nun schon seit 2015. Wichtigster Branchentreffpunkt für mobile Smartphone-Journalisten ist die MoJoCon Konferenz in Dublin.
Längst werden Smartphones auch in der Unterhaltungsindustrie eingesetzt. So drehte Tristan Pope seinen Kurzfilm „Romance in New York“ komplett mit einem iPhone 6. Durch die kleine Größe erlaubte ihm das Smartphone, viele Szenen aus der Ich-Perspektive zu filmen. So war Pope viel Näher am Geschehen, als er es mit herkömmlichen Geräten jemals hätte sein können. In diesem Video erklärt Pope, wie der Film entstand:
Und Tangerine L.A. ist der erste Breitbildformat-Kinofilm, der ausschließlich mit iPhones gedreht wurde. Gemeinsam mit meinem MoJo-Kollegen Matthias Sdun arbeite ich derzeit an LOSTfriesland, einer Mystery-Serie, die ebenfalls ausschließlich auf Smartphones produziert wird. Klar, dass es mit dem Mobile Motion Film Festival längst auch ein Festival für Smartphonefilme gibt.
Selbstverständlich lassen sich auch für die Wisssenschaft qualitativ hochwertige Filme mit dem Smartphone erzeugen. Ich plädiere sogar ausdrücklich dafür. Denn genau wie ein Journalist wird es auch der Geisteswissenschaftler schätzen, wenn sein Interviewpartner nicht auf das Aufnahmegerät reagiert. Gegenüber schriftlichen Protokollen oder Tonaufnahmen haben gefilmte Gesprächsverläufe und Interviews einen weiteren Vorteil: Der wichtige Anteil nonverbaler Kommunikation, der bei anderen Aufzeichnungsverfahren nicht sichtbar ist, wird deutlich. Zudem ist es auf Feldforschung manchen Situationen – etwa wenn man in den Bergen unterwegs ist – nicht möglich, viel Gepäck mitzunehmen. Gut, wenn da die gesamte Ausrüstung in eine kleine Tasche oder den Rucksack passt. Und auch Naturwissenschaftler werden es schätzen, wenn das Filmteam nicht das halbe Labor blockiert. Mit dem Smartphone können sie zudem ganz nah an das Geschehen herangehen und beispielsweise aus einem Glas herausfilmen, das gerade befüllt wird.
Doch was macht einen guten Wissenschaftsfilm aus? Die Antwort darauf ist leicht: Ein guter Film erzählt eine Geschichte die bewegt und informiert. Und dabei ist es ganz egal, ob es sich bei dem Video um einen kurzen Internetfilm zur Präsentation eines Unternehmens, eine einstündige Reportage, einen fünfminütige Nachrichtenfilm oder eben einen Wissenschaftsfilm handelt. In diesem Workshop gebe ich in den kommenden Tagen ein paar Tipps, die Ihnen helfen, Ihre Geschichte spannend, mit scharfen Bildern und knackigem Ton zu erzählen. Ganz gleich, ob sie nun mit einer Spiegelreflexkamera, einem Smartphone oder einer herkömmlichen Videokamera filmen.